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woren, stqnd etwos, wos ich noch nie in den Augen einer Frou gesehen
hotte.
lhr Gesichtsousdruck wor frisch und iung und zort und doch so hort wie
ein Meissel. Sie hqtte den über olle Mossen verochtungsvollen Gesichts-
ousdruck einer Frou, die ihre Verobredungen nur per Ferngespräch mocht.
Sie wirkte nicht eigentlich hort, ober soh doch so ous, ols wUsste sie
olle Antworten und könne sich on die erinnern, von denen sie gloubte,
dqss sie einmol nützlich wören.
lrgendetwos fehlte diesem Gesicht. FrUher hötte mon dieses Etwqs viel-
leicht Kinderstube genonnt, ober ietzt wusste ich kein Wort dofür.
lhre Hoore woren so künstlich wie der Vorroum eines Nochtklubs. Do-
rouf trug sie im denkbor schiefsten Winkel eine schwqrze zweispitzige
Somtkoppe mit zwei kunstlichen Schmetferlingen ous klein gepunkteten
Federn, die mit grossen silbernen Nqdeln doron befestigt wqreri. An
ihren Ohrläppchen hingen ein poor Minioturtempelglocken und bimmel-
ten leise im Wind.
lch widmete ihrer Toilette nicht viel Aufmerksomkeit. Sie hotte sich
fiir die Begegnung gonz in Schwqrz gekleidet, von einem weissen Pelz-
krci'gen, leicht wie Disteldounen, on ihrem Abendcope obgesehen. Do-
runter wor sie nockt wie ein Septembermorgen, ollerdings löngst nicht
so unberührt.
lhre Strumpfe woren genouso reinseiden wie togs zrrvor, ober sie zeigte
nicht so viel von ihren Beinen. Sie schienen obsichtlich so orrongiert
zu sein, doss mon sie betrochtän musste. Die Woden urctren formschön,
die Knie hotten Grübchen und woren trotz ihrer Feinheit weder knochig
noch spitz, die Fussgelenke woren long und schlonk, und ihre Linie wor
Melodie genug, um einen Dichter zu begeistern. lhre Knöchel schimmer-
ten weiss. lhre Beine endeten in grünen, silberverzierten Pontöffelchen.
Uber dem Ende eines Strumpfes hotte ich die grosszügige Aussicht ouf
die Hout ihres vollendeten Schenkels.
Sie lehnte sich zurück, so doss ich ihren hubschen Hols bis zum Ansotz
ihrer Brüste sehen konnte, und soh mich mit trägen, eru/ortungsvollen
Augen on. lhre Hout schimmerte wie motte Perlen. Sie wor eine gutge-
boute Frou, qlles ondere ots ein Popierblumchen.
Der Effekt ihres Kleides ging dorouf ous, sie sehr iung zu mochen und
ihre Lopislozuliougen sehr blou erscheinen zu lossen. Sie hotte olle not-
wendigen Kurven und niemond wäre in der Loge gewesen, sie zv ver-
bessern. Es isf schwer für Frouen - sogor für onstöndige Frouen - , zvbe-
greifen, dqss ihre Körper nicht unwiderstehlich sind.
Mon konn bei diesen Dingen zu sehr ins Phontosieren kommen. Mon konn
ouch nicht genug ins Phontosieren kommen. Vielleicht mochen Sie sich
nichts ous grossen Madchen mit honigforbenem Hoor und einer Hout wie
die ersten Erdbeerpfirsiche, die der Obsthandler für sich selbst ous der
Kiste herouspickt. Wos mon von einer Frou erworten'konnte, on welchem
Ort ouch immer - sie hotte es. Eine Blondine, die einem Bischof hatrc
noch Lu ft schnoppen lossen.
Sie lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinonder. Die kleinen
Lichter begonnen in ihren Augen zu tonzen. Sie rollte den,Kopf wie
ein Katzchen. Es wor - fur ihre Verhaltnisse - schon longe her, doss
sie dos letzte mol deutlich geworden wor.
Sie duftete so, wie dos-Toi Ärlohol bei Mondschein oussieht.
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