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Sie shich sich mit einer schnellen Bewegung dos Hoor glott wie ein
Vogel, der seine Federn putzt. Zehntousend Johre Übung und Erfohrung
stonden hinter der Bewegung. Die leise Ankundigung eines Lachelns
zupfte socht on ihren Mundwinkeln, gonz longsom, wie wenn ein Kind
eine Schneeflocke onfosen will. lhr Lticheln wqr olles ondere ols. ein-
schläfernd. Sie soh so ous, ols ob ihr dos Lacheln leichtfollen wUrde.
Aber in ihren Augen fond sich ein nochdenklicher Ausdruck, ols ob sie
sehr longsom und sorgfaltig zu Uberlegen pflegte. Sie hotte einen sinn-
lichen Mund. Eine kleine Zvnge spielte schelmisch zwischen ihren
Lippen.
Sie zog den rechten Hondschuh ous, biss ouf dos erste Gelenk ihres Zei-
gefingers und soh mich ruhig on. Es wor eine schöne Hond, ohne Ringe.
Schöne Hunde sind selten wie blithende Jocorondoböume, besonders in
einer Stodt, in der hubsche Gesichter so olltaglich sind wie Loufmoschen
in Strumpfen fUr einen Dollor dos Poor.
Sie worf mir ein Lacheln zu, dos bis in meine Gesässtosche drong, und
oefestigte eine Zigorette in einer iodegrünen Zigoreftenspitze. Sie uror
eines der Mudchen, dos es sich leisten konn, sich eine Zigorette selbst
onzuzünden.
Sie poffte vor sich. hin und blinzelte. Sie storrte mich on und sogte nichts.
Sie mochte eine longsome, geringschätzige Bewegung mit ihrer Zigoretten-
spitze. lch lutte dos GefUhl, doss sich ein Gedonke hinter ihren Augen
regte, ober wenn dos so wor, donn kom er nicht zum Vorschein.
Sie trot zu mir heron und lachelte nur mit ihrem Mund und zeigte dobei
kleine, schorfe, etwos vorstehende Zähne, weiss wie frische Orongen-
bluten und schimmernd wie Porzellon. Der schmole Bogen ihrerAugen-
brouen wor fontostisch long, und ouf ihren Wimpern wor die Tusche so
dick oufgetrogen, doss sie wie Miniotureisensttibe oussohen.
Donn senkte sie die Wimpern, bis sie fost ihre Wongen berührten, und
hob sie longsom wieder - wie einen Theotervorhong. -lhre Absicht wor,
mich domit einfoch umzuhouen, doss ich ouf dem Rucken log und ihr
Pfotchen gob.
Donn bewegten sich ihre Lippen sehr longsom und sorgfoltig, ols seien
es künstliche Lippen, die mit FAden in Bewegung gesetzt wUrden. "Sie
sind ein bildschtiner Junge", sogte sie. "Aber ich bin ouch nicht Ubel!"
lhre Stimnre klong holb erstickt, ols ob tief dorunter etwos pochtd.
Sie zog die Lippen zurück und mochte einen schwqchen Versuch, sie on-
zufeuchten. lhr Mund bot sich zum Kusse dor. lm Augenblick erschien
mir der Gedonke gor nicht so Ubel. lvlon bekommt nicht ollzuoft'eine
solche Aufforderung von einer sotchen Frou. Es blieb mir nichts weiter
Ubr:ig ols sie zu kussen oder ihr eine zu kleben.
lhr Hoor fuhlte sich hort on gegen mein Gesicht. lhre Augenlider
flotterten hostig wie MottenflUgel. lhre Lippen öffneten sich unter den
meinen. Pltitzlich, ohne sichtbore Verönderung, hörte sie ouf, schön
zu sein. Sie soh eher wie eine Frou ous, die mon vor hundert Johren
gefahrlich geholten hätte, vor zwonzig Johren für verwegen und die
mon heute nur noch in den drittrongigen Filmen findet, die selbst in
Hol lywood ouszusterben beginnen.
lhr Gesicht wor unter meinem Mund kolt wie Eis. Sie hob beide Hende
und umfosste meinen Kopf und küsste mich hort und fest ouf die Lippen.
Auch ihre Lippen woren wie Eis. Etwoswie Mord wormit im Spiel.
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