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lm Themenkreis der hierzulond in Kontokt stehenden Vertretern dieser
Auffossung touchten in der letzten Zeit immer wieder Nomen wie Doshiell
Hommett,, Eric Ambler, Grohom Greene, Hunter Thompson und Roymond
Chondler ouf . Ein Phanomen (wenn mon es Uberhoupt äls soetwos sehen witl,
denn äsist die notürlichste Soche, doss sich Schreiber on onderen Schreibern
orientieren), dos zu tun hoben mog mit einer Foszinotion von Hollywood-
filmen der 30er Johre wie Der Molteser Folke, Der tiefe Schlof, Cosoblon:o,
§e1.forso, Hoben und Nichthoben, The conspirotors, etc., einer gewissen
Desi I lusionierung Uber u topi sche (oGiäpur',ryente l'iä) Ansötze wöhrend der
60er Johre und einem für Deutschlond noch immer geleugneten oder ver-
dröngten Mossenospekt der Kultur. Dozu Chondler: " lch.$inde, es ist ein
riesiger Unterschied, ob mon beim Schreiben bewusst noch dem Geschmock
des Publikums geht (wos immer mit einem Reinfoll endet) oder ob mon dos,
wos mon schreiben will, in eine Form bringt, die dos Publikum okzeptieren
gelernt hot."
Wos uns dozu brochte, diese Ausgobe ouf Chondler zu beschränken (eigent-
lich sollte sich hier mehr finden über Leute, die sich mir Chondter be-
schaftigt hoben, ols dos wos über Chondler ohnehin bekonnt ist), wor seine
Art, eine erfundene Situotion ouf die Beine zu stellen, wos wir mit einem
ous der Filmbronche entliehenen Wort ols Set bezeichnen. Wos literorisch
ein Set ist, fiel mir dos erste Mol ouf beim Lesen von Burroughs' Eingongs-
Kopitel von wild Boys Tio Mote Smiles. Der Aufriss einer stodt, einer
bestimmten S-ltuoti;;?ie hinter Personen und Milieu sichtbor wird, zeigt
sich deutlich om Unterschied zwischen einer guten und schlechten Filmszene.
Es liegt nicht on dem, wos gesogt wird, nicht on der Kulisse, eher schon om
"Sinn ftlr Gruppierung, fur Verteilung von Licht und Schotten, für dos Poetische
- kurz: ein hochentwickeltes Empfinden" (Thomos de euincey). Burroughs:
"Der Regisseur sieht sich dos set on und sogt: 'Dich kqnn ich gebrouchen
und dich und dich, ober du posst nicht ins Set.,
Chondler hotte sich vorgenommen, seine Kunst innerholb gonz genou obge-
steckter Grenzen zu entfolten. lhm wor klor, doss es Spielregeln gibt, die
zu beochten sind, wenn mon Geschriebenes obsetzen will. Es mog ihm schwer-
gefollen sein, sich on diese Regeln zu holten, [edenfolls mochte er im End-
effekt eine Tugend dorous, sie zu den seinen zu mochen.
Die Totsoche, doss "noch kein Schriftsteller einen Blonkoscheck in
iemols
die Hond bekommen hot" wird ouch heute noch gelten, trotzdem fuhlen
wir, doss wir von gonz onderen Produktionsbedingungen ousgehen können
ols ein A4onn wie Chondler. lm Gegenteil: ortistische produktion ent-
sprechend dem göngigen Kode verliert immer mehr.on Bedeutung, ousser
fur dos Bonkkonto desienigen, der sich dorouf einlösst. Mehr und mehr
zeigt sich, doss die "verborgene wohrheit", die eih Monn wie Philip
I\rlorlowe suchte, nicht unter ienen Bedingungen zu finden ist, unter denen
sie mehr und mehr verschwindet. Rückblickend sind die grquen Wande des
Jetzt nicht mehr die rtrehr oder minder nütztichen Grenzen einer Welt,
die einst ols die beste oller erdenklichen golt. Mtiglicherweise hötte
Chondler für Leute wie uns, die noch Moglichkeiten suchen, ein Ausser-
hqlb sichtbor zu mochen, iene uberholten und unertröglichen Kondi-
tionen zu unterloufen und zu veröndern, nicht viel i:brig gehobt (er
nonnte sie "verkonnte Schriftsteller" oder "mürrische ,o"it.i kteiner
Zeitschriften"), wos kein Grund für uns sein konn, *änig.fvon ihm
und seinen Bemühungen zu holten.
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