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DIE NACHT DER DICHTER                              AUSSERHALB  DER SAISON

               Es ist die Nacht der Dichter,                      An einem Nachmittag im Februar  gehe ich die
               und sie sind alle an der Bar versammelt;           regennasse Promenade in Blackpool entlang
               emsig  tauschen sie Informationen  aus             und sehe auf die verblichenen  Plakate,.
               und verzuchen, im Rennen um die                    auf abblätternde Farbe, geschlossene  Caf6s und
               Unsterblichkeit,  ihre stärksten  Gegner           heruntergelassene  Eisengitter,  die die andere
               abzuhängen. Ich bin fasziniert von ihnen,          Straßenseite sihmücken. Keine  Wahrsager,  keine  jungen
               von ihrem festen Blick,  ihrem guten Aussehen,     Stripperinnen mit Brüsten wie Rosenknospen und
               von den Gesichtern voll Schmerz und                  glitzernden
               der Gewißheit, daß die Welt  sie verachtet,        Strumpfbändern, kein süßlicher Geruch nach fettigen
               von den Stimmen, erschöpft von den                   Krapfen,
               immer währenden  Kämpfen                           Hamburgern  oder Fish and Chips,
               und den Spuren von Kaffee und Zigaretten.          die die Stimmung  heben, keine  Bingospieler
               Oh, was für schöne  Menschen sie sind.             deren Stimmen sich mit dem harten Schrei der Möwen
               Und ihre Freundinnen, auch ihre                      mischen.
               Freundinnen sind schön!  Sie sind                  Nur leere Geschäfte, ein wolkenschwerer  grauer Himmel
               gut gebaut und schweigsam,  lässig                 und eine Gruppe  von Rentnern, die sich in einem Häuschen
               gekleidet,  doch atuaktiv                          an der Bushaltestelle  zusammendrängen. Die
               und sie hängen sich an  jedes  Wort des Dichters,    Landungsstege  ragen
               das wie ein Regentropfen                           ruhig in das Meer, und ein verwittertes Schild  weist
               in die Pfützen  der Unterhaltung fällt.            den Weg zum  Salon eines Tätowierungskünstlers.
               Es ist ein aufregender Anblick, sehr bewegend,     In der einzigen offenen Spielhalle  steht verlassen  ein
               ich sehe  es natürlich von                           Junge,
               meinem  besonderen Standpunkt  aus,                die Schultern vorgebeugt hämmert er wie ein Wilder
               von einer Ecke des  Tresens,                       auf die Glasscheibe  eines kaputten  Flipperautomaten.
               wohin  man mich mit meinem  Bier abgedrängt hat,
               weil ich zu klein bin, um über
               die Dichter  hinwegzusehen und zu schüchtern,
               um sie in ihrer Selbstgef?illigkeit  zu stören,
               und ich weiß verdammt nochmal
               nicht,  was ich Frauen  sagen soll
               die glauben, jeder Dichter trinke Wein
               und wäre noch geistreich,  wenn  er vögelt.

                                                                  TANZ DER UNGLAUBIGEN


                                                                  Die Nadel  tanzt rein und raus,
                                                                  jagt  den höchsten  goldenen  Buddha
                                                                  an giuten Tagen,
                                                                  an schlechten Tagen  ein tödlicher  Schuß.
                                                                  So ging  es weiter,
                                                                  die Helden vom letzten Jahr
                                                                  humpelten in Seitenstraßen
                                                                  und kamen  nicht  mehr heraus,
                                                                  die Helden  von diesem  Jahr
                                                                  starren auf die Nadel,
                                                                  Angst  unter wattierten  Schultern.
                                                                  Oh Mann,  lies die Nachrichten langsam  vor.
                                                                  Das weiße Pferd ist wild
                                                                  und zerbricht  den Reiter.
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