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SoS: Ja, die inszenierte Streetfoto-  Fotos im Schnitt unter einer Sekun-
        grafie ist mitunter sehr interessant   de. Dabei haben einzelne Fotos viel
        und ich kann mir vorstellen, dass   mehr Aufmerksamkeit verdient als
        es auch Spaß macht. Ich habe sie   diese  wenigen Augenblicke Face-
        aber selber noch nie ausprobiert.  book-Fame.

        Du hast ein Buch über Deine New    SoS: Das sehe ich auch so. Die
        York Reise gemacht mit dem Ti-     Welt dreht sich mittlerweile sehr
        tel „Wie ich New York sehe“. Und   schnell und wir können die digita-
        auch hast Du in Deinem „Hashtag    le Flut an Bildern kaum erfassen.
        Magazin“ Reisen dokumentiert –     Wir sehen natürlich viel mehr
        ist das Deine Art, Dich mit der Flut   gute Fotos, aber auch sehr viele
        an Bildern, die auf solchen Reisen   schlechte. Gerade in der Street-
        zusammenkommen, auseinander        fotografie merkt man das. Da hat
        zu setzen und dann die Reise abzu-  jemand ein Smartphone, macht ein
        schließen?                         Bild, lädt es hoch und sagt, dass
                                           ist  Street. Keine  Bildgestaltung
        Patrick Ludolph: Ein ganz wichtiger   und auch die Szene sagt einem oft
        und oft unterschätzter Bestandteil   nichts. Ich meine, man sitzt da und
        der Fotografie ist meiner Meinung   fragt sich, was erzählt das Bild für
        nach die Bildauswahl. Du kannst    eine Geschichte? Aber ich denke,
        20 einzelne sehr gute Fotos machen   viele Menschen nehmen sich dafür
        und dennoch nichts damit sagen.    keine Zeit mehr und deshalb bin
                                           ich auch der Meinung, dass man
        Dagegen können 20 mittelmäßige,    viel mehr ausdrucken und auf Aus-
        aber gut ausgewählte Bilder zusam-  stellungen gehen sollte.
        men eine tolle Geschichte ergeben.
        Speziell bei meinem Hashtag Maga-  Wie siehst du das? Digitale Foto-
        zin ist es eine große Herausforde-  grafie, Sozial Media usw. Fluch
        rung, sich auf die wenigen Seiten zu   oder Segen?
        beschränken.  Ich  glaube,  dass  spe-
        ziell Bildserien durch diesen Pro-  Patrick Ludolph: Fluch und Segen
        zess besser werden können. Hinzu   sind zwei Begriffe wie Schwarz
        kommt, dass meiner Ansicht nach    und Weiß. Das ist mir zu extrem
        ein Foto erst dann fertig ist, wenn es   gedacht.  Ich bin  ein  digitales  Kind
        gedruckt wurde. Ich selbst nehme   und ich liebe Social Media. Es ist die
        mir fast nie den Rechner her und   Basis meiner Existenz. Ohne Soci-
        schaue dort gemeinsam mit Gästen   al Media wäre es nicht möglich, im
        Fotos an. Die Magazine oder Bücher   Alleingang ein Magazin oder ein
        liegen aber auf dem Tisch und wir   Buch herauszubringen und zu ver-
        blättern  ständig  darin.  Ich  finde,   kaufen. Ich kann mit Freunden und
        durch die digitale Fotografie hat sich   Bekannten überall auf der Welt in
        das Verhältnis zwischen Produktion   Kontakt sein und bekomme mit,
        und Präsentation zu sehr verscho-  was sie treiben und wie ihre Kinder
        ben. Wir hauen ein Bild nach dem   groß werden. Ohne digitale Fotogra-
        anderen in Social Media Timelines   fie undenkbar. Das ist doch ziemlich
        und hecheln ständig irgendwelchen   „geiler Scheiß“. Was wir daraus ma-
        Algorithmen nach. Bei Instagram    chen und wie wir es nutzen, bleibt
        liegt die Betrachtungszeit eines









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