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Interview mit




                                                  Skander Khlif






                  kander Khlif wurde 1983 in Tunesien geboren und lebt heute in München. Er lebte in 8
                  Städten.  Davon  die  meiste  Zeit  in  Tunis.  Die  Streetfotografie  ist  seine  Art  die  Welt  zu
                  betrachten und er ist immer auf der Suche nach Bilder die Geschichten erzählen. Fasz-
                  iniert von Emotionen und Beziehungen zwischen dem Mensch und seiner Umgebung zielt
       SSkander Khlif darauf ab, diesen schwer fassbaren und besonderen  Moment zu erfassen,
        der nie wieder passieren wird.

        SoS:  Wie  bist  Du  zur  Fotografie  und  dann
        zur Streetfotografie gekommen?

        Skander Khlif: Ich war 13 und mein Bruder, der
        damals als Werkstudent Architekturfotograf ge-
        arbeitet hat, gab mir seine analog SLR und bat
        mich, die Haustüre einer Altstadt zu fotografie-
        ren. Und das war‘s – da hatte ich die Macht der
        Fotografie entdeckt: Diese einzigartige und ma-
        gische Fähigkeit, Dinge anders und schöner dar-
        zustellen.

        Seitdem war mir die Kamera eine treue Begleite-
        rin. Ich war immer irgendwie ein Streetfotograf,
        ohne es wirklich wahrzunehmen und ohne mich
        als solchen zu betrachten. Vor drei Jahren ent-
        deckte ich dann die Arbeit der Street-Ikonen wie
        Saul Leiter, Eliott Erwitt, Vivian Maier, Alex Webb   Wie hältst Du da Deine Motivation hoch, um
        usw. Das war ohne Zweifel die große Liebe – zu-     immer wieder rauszugehen und fotografie-
        mindest in eine Richtung.                           ren zu wollen?

        Die Tatsache, dass man nur bestimmte Momente        Skander Khlif: Bei einem Video-Spiel fängt man
        aufnehmen  darf,  macht  die Bilder  echt  beson-   immer an, obwohl man weiß, dass jemand an-
        ders. Jeder, der das Magazin Soul of Street liest,   ders das komplette Spiel schon mal beendet hat.
        weiß bestimmt, was  ich meine.  Es geht  nicht      Man  sollte sich  selber  als  Referenz  betrachten.
        darum,  nur  auf  einer  Straße  zu  fotografieren,   Immer versuchen, besser und besser zu werden.
        sondern darum, was Reales mit möglichst vielen      Und erst, wenn  man  oben  ist, dann  kann  man
        Emotionen zu dokumentieren.                         eine neue Ebene erfinden.

        SoS: Wie würdest Du Deine Art zu fotogra-
        fieren beschreiben?                                 SoS: Wo fotografierst Du am liebsten? Gibt
                                                            es ein bestimmtes Land, eine Stadt oder ei-
        Skander Khlif: Meine Fotografie entwickelt sich     nen Ort, der dich besonders inspiriert?
        mit der Zeit immer weiter. Ich weiß nicht, ob es
        eine positive Entwicklung ist, da es immer sehr
        subjektiv ist. Es entwickelt sich aber genug, um    Skander Khlif: Ich liebe es, neue Orte zu ent-
        mich selber immer wieder herausfordern und um       decken.  Je  exotischer,  desto  besser.  Je  mehr
        voll motiviert zu bleiben. Allgemein suche ich da-  Menschen, desto interessanter. Es ist für jeden
        nach, geistige und visuelle Emotionen zu über-      schwieriger, in seinem Zuhause, seinem Viertel,
        tragen.                                             seiner  Stadt  oder  sogar  in  seinem  Land  zu  fo-
                                                            tografieren, da man das Gefühl hat, man kennt
        SoS:  In  der  Streetfotografie  hört  man  im-     alles. Man denkt, es sei nichts Besonderes und
        mer wieder, dass man alles schon mal ge-            monoton. Henri Cartier Bresson betonte: „Genau
        sehen  hat  und  auch  dass  es  sehr  schnell      da liegt die Herausforderung. Das Besondere in
        langweilig werden kann.                             dem  Gewöhnlichen  zu  finden“.  In  dem  Sinne
                                                            zwinge ich mich manchmal selber einfach raus


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