Die Ideologie hinter deinen Fotos


Wenn man die ersten Schritte hinter sich hat, das Erlernen des Zusammenhangs zwischen Blende, Verschlusszeit und Empfindlichkeit, das Fokussieren und das richtige Belichten, und wenn man seine Angst als Einsteiger der Street Photography überwunden hat, dann geht es um ganz andere Fragen: Was fotografiere ich? Warum fotografiere ich es? Wie fotografiere ich es?

Nicht alle Fotografen sehen ihr Arbeiten gleich. Schaut man genauer hin, haben sie viele unterschiedliche Motivationen und Arbeitstechniken.

Manche fotografieren aus reiner Neugier: Garry Winogrand, der, so hat man aus­gerechnet, in 36 Jahren als Fotograf etwa 5,85 Millionen Fotos auf den Straßen Amerikas schoss, auf Film wohlgemerkt, sagte einmal: „Ich fotografiere, um heraus­zu­finden, wie etwas aussieht, wenn es fotografiert wurde.“

Man sollte eigentlich erwarten, dass jemand, der so viel fotografiert hat, genau wusste, wie die Ergebnisse sein werden. Aber er ist nicht der einzige, der sich so äußerte. Diane Arbus sagte einmal: “Ich habe noch nie ein Foto gemacht, das dann so wurde, wie ich es beabsichtigt hatte. Sie waren immer entweder schlechter oder besser.”

Der brasilianische Fotojournalist Sebastião Salgado, der nicht Fotografie, sondern Wirtschaft studiert hat, sagt: “Fotografie ist sehr subjektiv. Meine Bilder entstehen durch meine politischen und ideologischen Vorstellungen.“ Seine Bilder sind stets präzise definierte Projekte zu vorgegebenen Themen, z.B. “Arbeiter” oder “Migranten”. Salgado gilt als Reportagefotograf, aber viele Streetfotografen arbeiten wie er ebenfalls mit klar definierten Projekten.

David Alan Harvey von Magnum Photos betont immer, dass der Unterschied zwischen guten und weniger guten Fotografen heutzutage nicht in technischer Kompetenz und Equipment liegt, sondern in der Fähigkeit, etwas visuell gut zu kommunizieren: “Sei ein Geschichtenerzähler”. Er streift nicht mit der Kamera durch die Gegend, sagt er, sondern setzt sich oft irgendwo in ein Café, beobachtet die Leute und die Szenerie, wartet auf eine interessante Story. Und die kommt dann auch.

Andere, Alex Webb oder Trent Parke, beide ebenfalls von Magnum Photos, sind da viel aktiver. Webb sagt: “In der Street Photography sind 99% der Fotos Ausschuss”. Parke bestätigt das: “Man fotografiert eine Menge Schei… (a lot of shit), und am Ende kommen nur wenige gute Fotos dabei herum”.

William Eggleston machte das ganz anders als Winogrand, Webb oder Parke: “Ich mache immer genau ein Bild von einer Sache. Im wahrsten Sinne des Wortes. Niemals zwei. Wenn das Bild gemacht wurde, wartet das nächste Bild irgendwo anders auf mich.”
Die Vorgehensweise des Magnum-Fotografen Harry Gruyaert ist geradezu genau umgekehrt zur Arbeitsweise des “Geschichtenerzählers” David Alan Harvey. Ein bekanntes Zitat Gruyaerts zu seinen Fotos ist: “Da ist keine Geschichte. Es geht ausschließlich um Formen und Licht.”

 

 


3 Antworten zu “Die Ideologie hinter deinen Fotos”

  1. Das ist doch im Grunde recht “einfach” zu verstehen. ;). Viele Wege führen zum Ziel.
    Die Ideologie dahinter ist so individuell wie die Fotografen selbst. Quintessenz “erzähle Geschichten”! – möglichst Deine eigene (Sicht auf die Dinge). Die Beispiele zeigen das ja sehr eindrücklich.
    Es gibt kein “richtig” oder “falsch”. Am besten einfach machen.
    Ein guter Beitrag, finde ich, und fordert auch heraus, sich mit seiner eigenen Fotografie und der Herangehensweise auseinanderzusetzen.

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