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Auch wenn ich immer wieder feststelle, dass ich die   die Ricoh immer in der Tasche. Doch ich verfolge
            größte Resonanz und auch die meisten Anfragen    auch gezielt Projekte, die in Frankfurt gar nicht
            nach Bildern bekomme, auf denen die Architektur   möglich wären. Beispielsweise bin ich in meinem
            der Stadt die Hauptrolle spielt, so sind es doch die   Projekt ‘Second Life’ jeden Spätsommer gezielt im
            Menschen, die mich interessieren. Nah ran, den   Umland unterwegs. Dort beschäftige ich mich mit
            richtigen Moment erahnen, schnell und mutig sein.   der merkwürdigen Welt der dörflichen Kerwe, Kerb,
            Es gibt aber auch Bilder von Frankfurt von mir, die   Kirchweih, Kirmes, Kier oder wie auch immer die
            gerade durch das Fehlen der Menschen lebendig    Feste im regionalen Zungenschlag genannt werden.
            werden. Straßen, die nie, nie, nie leer sind, aber   Hier, bewusst ganz ohne Menschen. Parallelwelt.
            auf dem Bild schon. Dann kommt auch da etwas     Frühmorgens, wenn die Buden noch zu und die
            Merkwürdiges ins Spiel.                          Menschen zu Hause im Bett sind. Oder wenn die
                                                             Buden gerade aufgebaut werden. Dieses Projekt
            Ich  glaube,  darum  geht  es mir  immer  –  um   wäre in Frankfurt allein gar nicht möglich.
            das Merkwürdige. Das suche ich und versuche
            es festzuhalten. Dabei hilft mir die Ricoh.      SoS: Würde sich Deine Bildsprache in einer
            Festbrennweite, weitwinkelig – du musst nah heran.   anderen Stadt verändern?
            Meine Bilder sind dicht, kontrastreich, grainy, rough
            und ich hoffe, merkwürdig.                       Max Kling: Ja und nein. Die Sujets und Inhalte der
                                                             Bilder sind definitiv abhängig von Stadt, Land und
            SoS: Du fotografierst ausschließlich in Frankfurt?  Fluss. Die Architektur, die Menschen, das Leben, die
                                                             Situationen geben den Takt vor. Und der ist überall
            Max     Kling:   Nicht   ausschließlich,  aber   anders. Das hat natürlich Einfluss auf Art und Inhalt
            schwerpunktmäßig,  da  ich hier  lebe,  die  Stadt   der entstehenden Fotografie. In Frankfurt bin ich
            kenne und hier viel unterwegs bin. Aber man      zwar auch immer wieder überrascht, was geschieht
            muss natürlich auch sagen, dass Frankfurt sehr,   und entsteht, aber ich bin vorbereitet. Intuition und
            sehr  viel  visuelles  Potenzial  bietet. Große  Vielfalt   fotografischer Instinkt haben hier eine breite Basis.
            und Kontraste. In allem. In den Strukturen, den
            Menschen, den Situationen. Situationen entstehen   Was sich definitiv nicht verändern würde, ist das
            immer und überall, oft unerwartet und spontan.   sehr  nahe  Herangehen,  die  hohen  Kontraste, die
                                                             Fokussierung auf die besonderen, merkwürdigen
            „Elsewhere“ nenne ich die Bilder, die mir auf Reisen   Situationen und die gut komponierten Bildaufbauten.
            und außerhalb Frankfurts begegnen. Dazu habe ich














































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