Page 18 - gasolin#07
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G R EGOR                          POT T       schirm. Merke, das Lokal ist ein Zugabteil,  offenes
                                                                Fenster,  Inges Haar im Wind, vorüberziehende  Häuser-
                                                                ketten, geziegelte Dächer. Ein Feld, über das mehrere
                                                                weiß-gekleidete Gestalten laufen, auf einen Wald zu
                                                                .   "war das der Shanghai Express?" Eine Mädchen-
                                                                stimme  fragt nach einer Zigarette.
                                                                Der Eismann jetzt in einer Uniform, wir hocken  auf
                                                                Toilettensitzen,  irgendein  Platz in der Stadt, herun-
                                                                tergelassene  Hosen.  Wir unterhalten  uns über die hek-
                                                                tischen  Passanten hier, Männer und Frauen. Günther
                                                                kommt vorbei, faßt mir an die Eier,  drehe  mich um
                                                                und sehe eine Rolladentür. Der Uniformierte  davor,
                                                                unter ihm eine Fallttir,  die sich  jetzt  öffnet. Er salu-
                                                                tiert und versinkt, laut lachend.

                                                                Verlasse einen Raum mit glänzenden metallenen  Zan-
                                                                gen und Meßgeräten.  Ein langer, dunkler  Gang,  Trop-
                                                                fen, rötliche Farbe, fallen von der Decke.  Ich bücke
                                                                mich und lege einen Finger in eine Lache auf dem
                                                                Boden,  führe ihn zum Mund und schmecke etrvas
                                                                Süßliches. Kann mir nicht erklären, was das sein soll-
                                                                te. Musik und gedämpfte  Stimmen. Stoße mich an ner
                                                                herumstehenden hölzernen  Kommode. Ich schwitze.
                                                                Nasse Kleider. Bin mit einer  Gruppe von Menschen
                                                                im Aufzug,  alle stehen mit dem Kopf zur Wand  und
                                                                sehen zur Decke. Der Fahrstuhl  hält. Leute  strömen
                                                                aus dem Inneren  eines Busses auf die Straße.  Tragen
                                                                Iange Kleider  und Mäntel.  Ich erkenne  Dominik,  hat
                                                                die Züge eines  alten Mannes,  spielt mit nem Yo-Yo
                                                                und spricht ein paar unverständliche  Worte leise vor
                                                                sich hin. Wir stehen an einem langen  Tisch, etwas  wie
                                                                ein kaltes Büfett. D. sagt "Du und deine Freunde"
                                                                . . . "Genau." sage  ich.
                                                                Ein glänzendes Foto, das einen Mann mit langen
                                                                Locken vor der gekachelten  Wand eines U-Bahn-
                                                                schachts  zeigt. Er Iäuft fort, sieht dabei mehrmals
                                                                über die Schulter  zurück.  Will mir das Foto genauer
                                                                ansehen, da dreht der Mann um, nimmt es mir aus der
                                                                Hand, zerreist es und Iäßt die Fetzen  lächelnd  auf die
                                                8E'rffii        Gleise fallen. Bin sehr traurig und sehe weinend  in ein
                                                                verregnetes  Straßenbahnfenster.  Sitze  jetzt mit dem
                         üne                                    Mann  auf ner Bank  vor einer Reklamewand. Er gibt
                                                                mir ein Buch und eine Handvoll Pillen "versuch die
                                                                mal", das gelöcherte Lederetui eines Cassettenrecor-
                                                                ders schaut aus seiner  Manteltasche. Wir stehen  auf
                                                                einer Rolltreppe,  landen auf einem menschenleeren
                                                                Platz, mit Blumenkübeln,  Sitzbänken, Fahrradstän-
                                                                dern, einem Kiosk. Höre den Motor eines Wagens, der
                                                                Platz ist in grelle Farben  getaucht.
                                                                In einer Imbißbude  starre  ich auf einen Fernseher.
                                                                Der Tiger dort in der Manege, der einer nur notdürf-
                                                                tig bekleideten  Dame mittels  eines brennenden  Rings,
                                                                den er zwischen  den Zähnen  hält, Feuer gibt. Drücke
                                                                meine Zigarette in einer  Blechschachtel mit schmo-
                                                                rendem  Schamhaar aus. "An den Tischen wird Be-
                                                                dienungsgeld erhoben!"  "My obsession is your
                   Zwei Typen an einem Küchentisch, mit freiem  Ober-  posession."  Die Stones oder wer latschen über  den
                  körper, breitkrempige Hüte auf dem Kopf, MPs im  abgebrannten  Weihnachtsmarkt.  Typ im Pelzmantel,
                  rechten  Armwinkel.  Rauch von einer Zigarette  steigt  der mich schon  seit Stunden verfolgt. Sein Motorrad
                  zur Deckenlampe  auf . . . beüete  mit Inge ein Lokal,  Iehnt am Bretterzaun  des Bibliotheksneubaus. Blaue
                o  kleine  Tische, getopfte Palmen in den Ecken,  die klei-  Rauchkringel  lösen sich auf an der schmierigen  Fen-
                o.
                  nen Cola-Flaschen,  James Dean Plakate,  das Pepper-  sterscheibe  des Schuppens.  Kaugummirakete und
                o
                o
                o mint it der Zülpicher  Straße.  Will Eis kaufen, aus ner  Wundertüten.  Alle Passanten, ich beobachte  sie vom
                o  Gruppe  von einem  der Tische  löst sich einer der Ty-  Fenster aus, haben ne blaue Plastiktüte  über den
                  pen von eben,  ohne Hut, blutige Narben  auf gebräun-  Kopf gezogen. Spüre den Schalthebel  eines Autos im
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                  tem Glatzkopf, holt einen Eiswagen hinter einem ge-  Mund,  Geschmack von Metall auf der Zunge. Christia-
                .9
                  blümten  Vorhang hervor, auf Rädern, mit Sonnen-  ne, eine Figrr im Fenster  eines vorbeifahrenden VW.
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